„Trara - die Post ist da“ –?

Gibt es einen Beruf, den ich lieber hätte als meinen? Ich weiß nur den, den ich um alles in der Welt nicht ausüben möchte. Jedenfalls nicht in diesen Zeiten. Ich meine: Postzusteller! Genauer: Postzusteller in der Ostheide. Ich bewundere derzeit den Mut von Ihnen, liebe Postzusteller und -innen! Bewundere Sie, die in dieser Region die Frustrationen postsackweise von uns abkriegen. Uns, die wir mit dir, liebe Post alles verbinden, nur nicht mehr jenes verlässliche, zuverlässige „Traradie Post ist da"! Du bist zwar da, aber zu spät. Und bringst nur noch Teile von dem, was wir Briefeschreiber dir anvertrauen. Doch ich wiederhole: Postzusteller können nichts, gar nichts dazu, dass nicht nur ich bei dem Gelb der Post rot-sehe. Es sind vielmehr die bei Dir, liebe Post, die im Hintergrund, managen“. Und die wollen die heutige Post offenbar umgestalten zur Feldpost wie in den Kriegen. Weil man sich über die Post von Soldaten meistens freute - egal wie spät sie ankam. Wenn sie ankam. Ja, das wird's sein-da sitzt ein Fan der alten Feldpost im Management und überlegte sich: Wie kann man Postkunden auf Post fiebern lassen? Indem man sie immer später und seltener ankommen lässt! Du, liebe Post, kommst in Büros meiner Gegend inzwischen nach 14 Uhr an. Zunehmend um 15 Uhr, vereinzelt auch schon nach 16 Uhr. Dann also, wenn die guten Geister im Büro aufzuräumen beginnen. Und was du uns bringst, liebe Post, ist nur ein Teil. Ein anderer Teil verliert sich im Nirwana deutscher Post-AG der Ostheide. Ich bin Briefeschreiber. Ich weigere mich (noch), zu Todesfällen per E-Mail zu kondolieren oder zu Heiraten oder Geburten zu gratulieren oder Dorothea und Friederike die Daumen für Prüfungen und Klausuren per SMS zu drücken. Daher schreibe ich noch altmodisch Briefe. Mit Briefmarke und gelbem Postkasten und so. Doch wenn ich Briefe gleichzeitig einstecke an beide Töchter, an drei Landesbehörden in Hamburg oder einen Verlag in Bremen und einen in Hannover dann, o Post du Unglückswurm! - dann bekommt die Tochter in Göttingen ihren Brief am nächsten Tag, die in Trier - seit 6 Wochen nicht! Und mein Verlag in Bremen dankt am nächsten Tag, der in Hannover mahnt mich nach 1 Woche an. Während ich den Plan der Feldpost verstehe, verstehe ich nicht deine Beziehung zu Doppelbriefen. In solchen schicke ich lange Diktatbänder per Post in Büros meiner Hochschule oder in Verlage. Drei solcher Diktatbandbriefe hast du verbaselt, du Post, die damit zeitlich die alte Feldpost überholt, welche ihre Briefe zwischen West und Ostfront in ca. einem Vierteljahr zustellte. Außer die Feldpost war mit gefallen. Oder bist du gefallen, du Post der Ostheide? Geht's dir nicht gut? Mein derzeit schlechtes Image, meine Unzuverlässigkeit - sie werden mir von Dir, liebe Post, eingebrockt! Ich verstehe gut, dass der Krankenstand deiner Postzusteller auffällig hochgeschnellt ist in unserer Gegend. Ich wäre - wenn ich Postzusteller bei dir wäre - schon wahnsinnig. Vielleicht werde ich's auch als Postkunde.

4. November 2003